Die Kunst übernimmt es, Metaphern für die Gesellschaft zu finden. Formen aus der Biologie als begleitende Lebensformen des Menschen liefern Rhythmus und Grundlage: Die Ameisen haben an den Wegkreuzungen ihrer Reisen ihre Fühler zur Berührung ausgestreckt als Ausdruck von Austausch und lebenserhaltender Gesellschaftsform. Der Granatapfel hat im ganzen Land üppig seine Kerne ausgestreut für das gemeinsame Mahl in einem Garten, der alles in sich birgt, was der Mensch braucht. Solysombra bewegungwirdgestalt wird aus vielen Bewegungsformen zur gemeinsamen Gestalt.
Solysombra bewegungwirdgestalt ist das dritte Projekt der Künstlerin Gerhild Tschachler-Nagy, das durch die Organisationsform zum Kunstprojekt wird. Berühren und Berührtwerden zieht sich durch die Trilogie mit dem Sichtbarmachen gesellschaftlicher lebensnotwendiger Möglichkeiten wie soziale Vernetzung, nicht-hierarchische Lebensweise, Verantwortung, Definition des eigenen Beitrags. Gesellschaftliches Erhalten und soziales Miteinander in einem großen Prozess, der die unzähligen Möglichkeiten der Beziehung aufeinander, zueinander, zu sich selbst aufzeigt.
Die Projekte tragen Titel, die sich ebenso leicht erschließen wie sperrig sein können. Sie sind Impulsgeber, die Bewegung anstoßen, Assoziationen auslösen, Erfahrungen anrühren und das Projekt entwickeln. Bewegung kommt aus vielerlei Richtungen: aus der Basis, aus der Interkommunikation, aus dem Miteinander und Austauschen, aus dem Reden und weiter Erzählen, aus der Veränderung und dem freien Flug über das Land, über die weiten offenen Flächen der Berührungsmöglichkeiten von Ungewöhnlichem mit dem alltäglichen Leben.
Es ist der Prozess der Beziehungen, Vernetzungen und Verknüpfungen, der das gesamte Kunstwerk bestimmt. Nicht die Anzahl der vielen entstehenden einzelnen Projekte ist entscheidend, sondern die daraus resultierende Dynamik der Interventionen. Das „Kunstnetz“, die soziale Verbindung reicht die Hand und Wirtschaft, Philosophie, Pädagogik, Religion, Medizin ergreifen sie. „Im Ergreifen begreifen“ ist ein Untertitel des Projekts. Wenn die Hand eingreift, wird etwas in Bewegung gesetzt. Sie formt und gibt den Anstoß.
Ein Kulturprojekt des Vereins Granatapfel
Idee und Konzept: Gerhild Tschachler-Nagy
Solysombra bewegungwirdgestalt ist ein Experiment. Eine Feldstudie. Eine Bestandsaufnahme. Wie bei den anderen Projekten der Trilogie entwickeln sich die einzelnen Projekte, gibt es ein Finden und Andocken, keine Hierarchie und viele Verantwortliche für Kleinstrukturen. Dadurch wird das Projekt groß, vielschichtig, bunt und nicht festgelegt. Es entsteht Bewegung. Sie weicht Kunstdiktate auf und schafft Möglichkeiten.
Das Land Kärnten wird berührt durch Kunst. Ergriffen von Kunst. Das Denken eines Landes wird griffig. In der Vielschichtigkeit seiner Provinzialität. In seiner Eindimensionalität. In seiner Risikofreudigkeit. In seiner Möglichkeit, das Andere wahr werden zu lassen? Was aber ist das Andere? Gibt es ein Anderes?
Die Kunst geht Verbindungen ein. Wer verbunden sein will, wird sie finden. Wer sie findet, ist ein Teil davon. An vielen Standorten in Kärnten werden Künstlerinnen und Künstler Ein.Um.Aus.Über.griffe vornehmen. Der öffentliche Raum wird zu einer Begegnungsstätte mit Kunst – Berührung mit Kunst ist unvermeidlich.
Das Kulturprojekt Solysombra bewegungwirdgestalt eröffnet einen Beziehungsraum, in den assoziative Gedanken eingeflochten wurden. Darin können autonome Zellen agieren, sich mit den Inhalten auseinandersetzen und Dinge sichtbar machen. Bereits Vernetztes wird in den Prozess integriert. Zugleich werden auch Orte miteinander vernetzt, die künstlerischen Interventionen nehmen auf sie Bezug. Ihr Gedankengut fließt mit in die gesamte Entwicklung ein. Jede „Bewegung“ ist etwas völlig Eigenständiges, das in dem Projekt wachsen kann. Wer sie verursacht, übernimmt auch die Verantwortung und fördert damit auch das Miteinander.
Solysombra bewegungwirdgestalt ist der dritte Teil einer Trilogie:
2000: A mei sen reisen zeil enweise
2004: Granatapfel
2006: Solysombra bewegungwirdgestalt